Bombenalarm

Samstagnachmittag

Es war im Frühjahr an einem herrlichen Samstagnachmittag. Meine Vereinskollegin Margret (der Name wurde zufällig gewählt – die Red.) springt mit Ihrer Cinderella und einem Schirm in den Farben Österreichs.
Wind ca. 10 m/s aus NW.
Die Lift-Maschine erreicht die Absetzhöhe von ca. 300 m.

„Absetzen jetzt!“

Freier Fall, Schirm auf, steuerbar, Vorbremse auf, alles gut bis…
… abrupte Winddrehung auf SW mit Auffrischung auf 15 bis 20 m/s.
Cinderella ward nicht mehr gesehen.

Unser Flugplatz ist an drei Seiten von Maisfeldern umgeben.
Die Suche läuft bis die Dunkelheit hereinbricht.
Frustriert wird im Flugbuch der Verlust eingetragen.

Die Suche läuft am Sonntag weiter … und am Montag … und am Dienstag.

Selbstverständlich war ein Namensschild am Springer, jedoch ohne Telefonnummer.

Am Mittwoch erhält Margrets Lebensgefährte im Büro einen Anruf der Polizeidienststelle Dachau. Er kann das Modell auf der Wache abholen.

Lachflash

Bei der Abholung hat Rudolf (der Name wurde zufällig gewählt – die Red.) sich natürlich erzählen lassen, wie der Springer seinen Weg zur Polizeidienststelle gefunden hat.

Nachdem er seinen Lachflash überwunden hatte, hat er mit der netten Polizistin ausdiskutiert, dass er kein Bußgeld wegen Störung der öffentlichen Ordnung bezahlen muss.

Was war geschehen?

Der Springer wurde ca. 800 m weit abgetrieben und landete hinter den Maisfeldern bei Herrn Wichtigmann (der Name wurde zufällig gewählt – die Red.) im Garten. Dort piepste er vor sich hin.

Unser guter Herr Wichtigmann wusste nichts damit anzufangen – weil unser Sport viel zu wenige bekannt ist. Er rief die Polizei an.

Gefahr im Verzug

Die schickte einen Streifenwagen. Die Besatzung wusste mit dem piepsenden Springer auch nichts anzufangen, erkannte aber sofort, dass es sich bei dem Kopf von Cinderella

nur um Chucky die Mörderpuppe handeln konnte.

Man entschied „es ist Gefahr im Verzug“ und rief Verstärkung.

Diese traf traf kurze Zeit später auch ein.

Es war ein achtköpfiges Bombenräumkommando!

Die guten Männer hatten Margrets Springer auch flugs mit einem Wasserstrahl aus sicherer Entfernung zerlegt und dabei festgestellt:

Das ist keine Bombe.

Man packte die Reste in eine Plastiktüte, übergab diese der Streife aus Dachau und fuhr nachts um 0:30 wieder zurück nach München.

Epilog

Die Polizei in Dachau war der Meinung, dass das Namensschild auf der Fußsohle „versteckt“ sei. Das müsse auf den Rücken
(Verlängerung des Lachflashes.
Was, wenn Cinderella auf selbigem gelegen hätte?
Wer schaut schon unter den Packsack?)

Aus Vereinssicht ist alles ok, denn es ist ein korrekter Flugbuch-Eintrag vorhanden.

Der Verfassungsschutz und sicher auch die NSA wissen jetzt, wo Rudolf arbeitet.

Einige Polizisten wissen nun, dass es Modellfallschirmspringer gibt.

Lachen wir jetzt?

Oder weinen wir darüber, wie weit wir schon getrieben wurden?

Uwe Türk 2019